Fleischhauer und Diskriminierung

Der Fleischhauer (Autor und Kolumnist bei SPIEGEL Online) mal wieder:

«Trends der Benachteiligung. Jung, erfolgreich, diskriminiert» vom 01.02.2018, abgerufen am 02.02.2018

Mein Kommentar dazu:

«Die einzige Sache, die mich sofort elektrisiert hat, ist, dass man in meiner Abwesenheit eine neue Gruppe von Diskriminierungsopfern entdeckt hat. Ich dachte, das Gebiet sei erschlossen. Aber weit gefehlt!»

a) Diskriminierung aufgrund des Alters ist als Diskriminierungsform schon länger bekannt (und zwar sowohl gegenüber „jungen“ als auch „alten“ Menschen). Dass ihm das neu ist, zeigt nur, dass er von alltäglicher Diskriminierung keine oder nur wenig Ahnung hat.

«Ich glaube, es gibt einen Zusammenhang zwischen dem Grad an Privilegien, die man genießt, und der Fähigkeit, Diskriminierung geltend zu machen. Man kann es das Diskriminierungsprivileg nennen.»

b) Diskriminierung ist Diskriminierung.

So wie ein Verbrechen ein Verbrechen ist.

Natürlich ist nicht jedes Verbrechen gleich schlimm. Einen Schüler, der im Laden klaut, bestrafen wir anders, als einen Mann, der ein kleines Kind absticht. Nur, soll in Zukunft ein Ladendiebstahl nicht mehr angesprochen werden, weil das ja eine Lappalie sei im Vergleich zu einem Mord?
Ich weiß ja nicht, wie der Einzelhandel das findet.

Auch privilegierte Menschen können in anderen Bereichen diskriminiert werden, wo sie weniger privilegiert sind. Angela Merkel als „Mutti“ zu bezeichnen, ist und bleibt sexistisch, auch wenn sie eine mächtige Frau ist.

Wenn wir in einer diskriminierungsfreien Welt leben wollen, sollte auch jede Form von Diskriminierung angesprochen werden.

Oder ist ein bisschen Diskriminierung doch okay?

c) Der letzte Absatz zeigt meiner Meinung nach noch mal deutlich, welches Problem wir hier in Deutschland tatsächlich haben:

«Wenn ich 20 Jahre alt wäre, würde ich mich auch aufregen. Es gibt kaum etwas ungerechteres als das Rentensystem, das dafür sorgt, dass nichts mehr übrig ist, wenn die Jungen das Rentenalter erreicht haben, weil die Alten vorher alles aufgezehrt haben. Der einzige Weg, das System zu stabilisieren, ohne dass man immer mehr Steuergeld hineinpumpt, besteht darin, die Leute länger arbeiten zu lassen. Dennoch wollen auch die Jusos, dass wir nicht erst mit 67 in Rente gehen. Vielleicht ist es gar nicht so verkehrt, dass man die Jusos nicht so ernst nimmt.»

Fleischhauer findet das Rentensystem offenbar ungerecht.

Dennoch belächelt er die Jusos dafür, dass diese wohl ein früheres Rentenalter als 67 fordern.
Er belächelt sie dafür, weil, um dieses ungerechte(!) System zu stabilisieren(!), ohne noch mehr Steuergeld in das Rentensystem zu verteilen, müssten die Menschen noch länger arbeiten statt früher in Rente zu gehen.

Ja, wenn die Menschen in diesem Lande länger arbeiten, wird dadurch das deutsche Rentensystem „gerechter“?

Warum sagt Fleischhauer nicht, „Toll, was die Jusos fordern. Lasst uns das deutsche Rentensystem ändern“?

Denn wenn ein System ungerecht ist, dann sollte es doch abgeschafft oder zumindest verbessert werden, statt die Ungerechtigkeit weiter zu stabilisieren.

Aber in Deutschland haben wir uns offenbar daran gewöhnt, lieber so große Ungerechtigkeiten hinzunehmen, dass „leichte“ Formen der Diskriminierung schon nicht mehr erwähnenswert sind („Einzelschicksal“!), statt Ungerechtigkeiten zu bekämpfen und Systeme zu ändern.

Offenbar haben wir uns von der Idee einer gerechten Welt soweit entfernt, dass eine diskriminierungsfreie Welt einfach nur lachhaft ist.

Veröffentlicht von Daniel Sanghoon

Hi, ich bin Daniel Sanghoon Lee. Hier schreibe ich auf, was mich als Koreaner der zweiten Generation beschäftigt. Die Kommentarfunktion ist bis auf weiteres abgeschaltet (Stichwort DSGVO).

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