Das ist doch nicht so schlimm!

Auf Facebook schreibt eine Nutzerin an Edeka wegen einer rassistischen Geburtstagskarte, die in einem Edeka-Geschäft in Kaiserlautern verkauft wurde.

Auf der Karte ist die Zeichnung einer gelb angemalten Maus zu sehen, die ihre Augen zu Schlitzaugen hochzieht.

Während Edeka eigentlich recht positiv reagiert, sich entschuldigt und die Karte aus dem Handel nimmt, sind einige Kommentare unter dem Post nicht ganz so positiv.

»Habt Ihr sonst keine Sorgen ??«

»Mein Gott man kann sich aber auch an alles aufgeilen. Grausam…«

»Alter, Rassismus? Ja, ne is klar, allmählich wird’s echt lächerlich«

»Man kann sich auch bepinkeln 🤣🤣🤣 Also was neuerdings alles als „Rassismus“ gesehen wird.. Unglaublich. Es wird langsam lächerlich. 🤷‍♀️«

Mancher Rassismus scheint nicht schlimm zu sein.

Manche glauben, dass es deswegen kein Rassismus sei.

Ich weiß nicht, ob ich es schon mal geschrieben habe:

Ob etwas schlimm ist oder nicht, hat nichts damit zu tun, ob ein Fehlverhalten vorliegt oder nicht.

Es ist wie mit Diebstahl:

»Wer eine fremde bewegliche Sache einem anderen in der Absicht wegnimmt, die Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.«

§242 Abs. 1 StGB

Ob ich also ein Brötchen für ein paar Cents oder ein Auto für tausende von Euros rechtswidrig entwende, ist egal, beides ist und bleibt Diebstahl.

Die Handlung an sich ist die gleiche.

Deswegen ist die Bewertung der Handlung auch die selbe: es ist Diebstahl.

Genauso ist es mit Rassismus. Ob ich mich auf einer Geburtstagskarte über Menschen anderer „Kulturen“ oder mit anderen „Hautfarben“ lustig mache oder ob ich mit dem Gewehr rumlaufe und gezielt auf Menschen mit anderen „Hautfarben“ schieße und sie töte, in beiden Fällen geht es darum, Menschen, die aufgrund ihrer „Hautfarbe“ vermeintlich anders seien, zu schädigen. Das ist in beiden Fällen rassistisch.

(Ich wünschte, ich könnte hier einen Paragrafen zitieren, der definiert, was Rassismus bzw. rassistisch ist; meines Wissens gibt es in Deutschland keinen solchen Paragrafen; bitte korrigiert mich, wenn ich mich irre.)

Die Bewertung der Auswirkungen und damit die Höhe der Strafe ist wiederum ein ganz anderer Aspekt.

Für den Diebstahl eines Brötchens kommt kein Mensch ins Gefängnis.

Für den Diebstahl eines Autos wahrscheinlich schon eher.

Trotzdem bleibt beides Diebstahl.

Während eine rassistische Karte wie in dem oben verlinkten Fall einfach aus dem Sortiment entfernt werden kann und in meinen Augen eine ehrliche Entschuldigung auch vollkommen ausreichend ist, wird ein Mörder hoffentlich nicht so einfach davon kommen.

Trotzdem sind sowohl die Karte bzw. deren Verkauf als auch das Töten von Menschen wegen ihrer vermeintlichen „Hautfarbe“ rassistisch (ich setze hier „Hautfarben“ deswegen in Anführungsstrichen, weil ich es hier stellvertretend für eine zugeschriebene Ethnie, Kultur, Sprache, Religion verwende).

Viele sind empört, wenn ich eine vermeintlich leichte Tat mit einer offenbar sehr schweren Tat vergleiche bzw. gleichsetze.

Doch ich sage ja nicht, dass beide Verbrechen gleich schlimm sind.

Sondern dass es sich in beide Fällen um ein „Verbrechen“ handelt.

Wenn ich sage, ein Brötchen rechtswidrig zu entwenden, sei Diebstahl, dann sage ich ja auch nicht damit aus, der Diebstahl eines Brötchens sei genauso schlimm wie der Diebstahl eines Autos.

Ich sage nur, der Charakter der Handlung ist gleich.

Und wer weiß, vielleicht wird aus dem Dieb eines Brötchens eines Tages ein Dieb, der Autos klaut.

Und deswegen ist es manchmal so wichtig, auch „harmlosere“ Fälle von Rassismus zu benennen und dagegen einzuschreiten.

Denn wer weiß, vielleicht wird eines Tages aus einem rassistischen Sprücheklopfer ein rassistischer Mörder.

Veröffentlicht von Daniel Sanghoon

Hi, ich bin Daniel Sanghoon Lee. Hier schreibe ich auf, was mich als Koreaner der zweiten Generation beschäftigt. Die Kommentarfunktion ist bis auf weiteres abgeschaltet (Stichwort DSGVO).

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